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Er möchte seine Ruhe
Vor drei Tagen hat sich mein Freund nun endgültig von mir getrennt. Wir waren 8,5 Jahre zusammen und die letzten drei Jahre waren sehr hart, da wir ein Geschäft zusammen haben und viele Probleme daraus resultierten, dass wir im Privaten geschäftliches diskutierten, was sehr oft zu Streit führte. Leider blieb das Körperliche auch irgendwann ganz auf der Strecke und vorsichtige Versuche von meiner Seite wurden abgeblockt. Da dies mehr als einmal vorkam, war ich der Meinung, dass es nun an ihm war, den ersten Schritt zu machen. Ich startete auch Versuche, mit ihm darüber zu reden, aber bekam keine wirkliche Antwort oder Erklärung, da er auch das abblockte. Natürlich wollte ich ihn nicht bedrängen, da ich das selbst als kontraproduktiv empfinde, quälte mich aber dennoch oft mit dem Gedanken, dass er mich nicht mehr anziehend und attraktiv findet oder überlegte, ob ich vielleicht in der Vergangenheit irgendetwas gemacht haben könnte, was bei ihm nicht so gut ankam, konnte und kann aber nach wie vor nichts finden. Ich schon es auf den ganzen Stress und irgendwann dachte ich, es könnte ein medizinisches Problem vorliegen, weshalb ich ihm die Zeit geben wollte, auf mich zu zukommen. Mit Abstand betrachtet, habe ich viel zu lange gewartet und mich viel zu lange mit Selbstzweifeln rumgequält, statt die Sache anders anzupacke.
Wir haben uns schon sehr oft gestritten und Streitpunkt Nummer 1 war immer, dass er zu anderen sehr freundlich ist, mir gegenüber aber sehr oft kalt, gemein und verletzend. Man muss dazu sagen, dass er ein sehr impulsiver Mensch ist, nie gelernt hat, sich zu entschuldigen, nicht gerne redet, wenig einsichtig ist und nur schwer Vertrauen fasst. Somit war es immer ein Kampf gegen Windmühlen, wenn ich ihm erst meine Sicht der Dinge erklären wollte, er aber schon nach wenigen Minuten kein Interesse mehr daran hatte mir zuzuhören und nur noch sarkastische Bemerkungen kamen oder er alles abstritt. Meistens endete es in Tränen meinerseits und Flucht seinerseits. Nach Stunden kam er dann wieder und tat so als wäre nie etwas vorgefallen. Ich war meist noch starkt angeschlagen, ließ es aber dann auch auf sich beruhen. Wir rauften uns zusammen bis zum nächsten Krach.
Ende August war es dann mal wieder soweit. Es krachte. Er fragte, wie es weitergehen solle, ich sagte, dass mir die Kraft fehlt, immer wieder die gleichen Probleme zu wälzen, ohne dass sich etwas ändert. Ich gebe zu, dass ich oftmals aus Wut und Enttäuschung Dinge gesagt habe, die ihm weh tun sollten, weil ich eine Reaktion provozieren wollte. Effektiv hat sich über die Zeit in meinem Kopf ein Hirngespinst aus Ablehnung, Wut, Unverständnis und Trauer gebildet, was sich in den Streitsituationen entladen hat und bis vor in paar Tagen war mir nicht klar, dass ich ihn damit richtig getroffen habe und er einfach nur nie etwas dazu sagte. Im Endeffekt meinte er während unserer Diskussion, dass es dann wohl keinen Sinn mehr machen würde und ich sagte dazu nur kurz, dass dem dann wohl so wäre. Im Anschluss hatten wir Termine und es wurde nicht mehr gesprochen. In den folgenden Wochen beschäftigte ich mich sehr viel mit mir selbst, war mit Freundinnen unterwegs, arbeitete viel und war wenig greifbar für ihn. Er wurde freundlich. Er fragte mich, wie es mir geht oder ob mir etwas geschmeckt hat. Er behandelte mich wie früher und ich war und bin ziemlich perplex. Wir können normal kommunizieren ohne sofort gegeneinander zu gehen und in seinen Worten, ziehen wir wieder an einem Strang. Ich freute mich, dass ein Schritt in die richtige Richtung getan wurde bis er mich fragte, wann ich denn nun ausziehe! Das war ein Schock! Ich war so sehr geschockt, dass ich erst nichts sagte. Er sagte mir, dass er seine Ruhe will (früher war es Freiheit, die ich ihm erst zähneknirschend und irgendwann bereitwillig zugestand, sprich er fuhr alleine in den Urlaub und machte auch sonst, was er wollte, ohne dass ich ihn einschränkte. Einschränkung erfolgte nur durch ihn, wenn er etwas als unangebracht empfand). Er wollte seine eigenen vier Wände. Ich wollte wissen, was das bedeutet, da wir uns ja effektiv sowieso nur während der Arbeit zwangsläufig sehen. Entweder ich komme dann spät nach Hause und er schläft schon oder umgekehrt, ebenso wie ich meistens die bin, die das Haus zuerst verlässt während er noch schläft. Ruhe heißt für ihn, solange zu schlafen, wie er möchte oder den ganzen Tag Playstation zu spielen. Er will dann auch unsere Hunde nicht sehen. Einfach niemanden sehen. Ich sagte ihm, dass ich es nicht richtig verstehe, aber dass diese Forderung legitim ist. Er fragte, wie es weitergehen soll und was ich nun vor habe und ich wollte wissen, was er damit meint. Wie soll es mit dem Geschäft weitergehen? Bleibe ich in seiner Nähe wohnen? Was ist mein Plan? Meine Antwort war in diesem Moment unüberlegt. Ich antwortete nur, dass ich es nicht weiß und keine Pläne habe, da sich alle Träume und Ziele in letzter Zeit sowieso in Luft auflösen. Es folgte ein Gespräche. Etwas womit ich nicht gerechnet habe. Er habe mit mir abgeschlossen. Er mag mich als Mensch und als Freundin. Er vertraut mir zu 100 %. Er will mir nicht wehtun. Er hat keine Gefühle mehr für mich. Er kann sich eine Beziehung mit mir nicht mehr vorstellen. Es traf mich tief und ich kämpfe auch jeden Tag mit den Tränen und kann mir momentan nicht vorstellen, ein Leben ohne ihn zu führen. Ja, ich war oft sehr wütend auf ihn und zwischenzeitlich zweifelte ich auch an meinen Gefühlen für ihn, da diese starkt abgekühlt sind, aber da ich ihn in den letzten Wochen wenig sah und wenn doch, der Umgang sehr angenehme war, merkte ich, dass ich ihn immer noch sehr liebe (die Tipps im Ratgeber stimmen, auch wenn es umgekehrt war bei uns, da er dachte, ich habe mich getrennt). Wir haben auch noch über das Kinderthema gesprochen und es flossen sehr viele Tränen. Er lief diesmal nicht weg und weinte vor mir. Er nahm mich sogar in den Arm, was der engste Körperkontakt seit Jahren war.
Seit Montag sehen wir uns zwar sowohl zuhause, wie auch auf der Arbeit, aber ich versuche die Tipps zu beherzigen, auf Abstand zu gehen und mein eigenes Leben zu leben. Ich habe viel mit Freunden geredet, wovon mir einer auch berichtete, dass er mit ihm gesprochen habe und er nie jemanden erlebt hat, der so fest von einer Trennung überzeugt ist. Das tut natürlich doppelt und dreifach weh! Was mich stutzig macht ist, dass er mich jeden Tag mehrfach anruft, wenn ich nicht da bin. Meine Freundin ist deswegen sogar schon genervt, weil sie meint, dass das schizophren wäre. Er ruft erst mit vorgeschobenen Gründen an und versucht mich am Telefon zu halten. Ich beende jedes Mal das Gespräch und schon klingelt das Telefon wieder. Wenn er nicht anruft, dann bekomme ich Whatsapp Nachrichten. Auch nix besonderes. Ich antworte verspätet oder gar nicht. Eine andere Freundin hat ihn sich gestern vorgeknöpft ohne mein Wissen und fragte ihn, was das soll und warum er mich ständig kontaktiert. Er meinte, dass er mich als Mensch eben sehr mag, aber auch ein schlechtes Gewissen mir gegenüber habe, weshalb er sich halt kümmern müsse. Sie sagte ihm, dass das Hoffnung bei mir wecken könnte und er das lieber bleiben lassen soll.
Heute hat er „erst 2x“ angerufen. Es ging um unwichtiges im Geschäft.
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich habe das E-Book gelesen, da ich sowieso nicht schlafen kann und befolge so gut wie es geht die Ratschläge. Ich trinke brav Wasser, versuche nicht in Selbtmitleid zu ertrinken, gehe Freunden auf den Keks, kann mich null auf die Arbeit konzentrieren und weiß zu 100 %, dass ich den Mann, den ich vor 3 Jahren verloren habe, gerne zurück haben möchte- mit all seinen Ecken und Kanten.
Ach ja, was ich vergessen habe noch zu erläutern: Er meinte, er habe in einem Urlaub vor 2,5 Jahren versucht, wieder Körperkontakt herzustellen. Er ging davon aus, dass ich ihn nicht attraktiv und anziehend finde und er nicht genug Mann für mich sei. Seine Versuche wären bei mir nicht angekommen. Ich starrte ihn einfach nur an. Das war auch ein riesiger Schock, da dem niemals so war. In diesem Urlaub habe ich mir nichts mehr gewünscht, als dass alles wieder normal wirde und war entsprechend sensibel. Mir fällt kein Moment ein, in dem ich festgestellt hätte, dass er auf mich zugekommen wäre.
Dieses Wissen darum lässt mich wahnsinnig werden, da unser Problem einfach nur in unseren Köpfen existierte. Hätte ich mich damals einfach plump ausgedrüct auf ihn gestürzt, wäre es wahrscheinlich nie so weit gekommen. Ich habe ihn auch gefragt, warum er es denn nicht noch einmal versuchen möchte, jetzt wo er weiß, dass es dieses Problem nie wirklich gab und wir es zu einem Problem gemacht haben, weil wir es nicht geschafft haben darüber zu reden. Er meint dazu nur, dass die Distanz zu mir mittlerweile so groß wäre, dass er es sich nicht mehr vorstellen kann und er auch keinerlei Reiz an mir empfindet.
Ich habe jetzt natürlich Angst. Angst davor, dass es sich nun woanders austobt und mich dabei vergisst bzw. ich als „freundschaftliche Freundin“ und Geschäftspartnerin zuschauen muss, wie er sich mit einer anderen ein neues Leben aufbaut. Jetzt, wo er einsieht und gelernt hat, dass man reden muss. Er treibt nun viel Sport, isst gesund, hat in den letzten Monaten stark abgenommen, hat sich neu eingekleidet und pflegt sich überdurchschnittlich (von Friseur bis zur Fußplfege). Selbtverständlich ist mir klar, dass das eine Geschmackssache ist, aber in meinen Augen ist er nun, gepaart mit dem Auftreten und der Freundlichkeit, ein sehr attraktiver Mann, der auch sicherlich anderen Frauen auffällt.
Ich bin derzeit so verwirrt und möchte nichts falsch interpretieren und mir selbst damit wehtun, wenn alle Hoffnungen am Ende umsonst sind. Soll ich seinen Worten Glauben schenken (ich glaube ihm, dass er mich mometan nicht liebt) oder ist da noch etwas zu machen?
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